ALLES, was du über die Lehre als Binnenschiffer wissen solltest (mit Test)
Inhaltsverzeichnis
In diesem Artikel schreibe ich über einen Beruf, der im Großen und Ganzen leider ziemlich unbekannt ist. Selbst zu meiner Schulzeit, als die Berufswahl und Ausbildung langsam zum Thema wurde, kam dieser Berufszweig nie zur Sprache.
Im Endeffekt hat ein Video im Internet meinen beruflichen Werdegang bestimmt - sonst wäre ich selbst wohl auch nie auf den Gedanken gekommen diese Ausbildung zu beginnen. Erzähle ich jemand Fremdem von meinem Beruf, höre ich so gut wie immer diese drei Floskeln:
„Was? Ist ja cool! Das ist ein Ausbildungsberuf? Was machst du denn da den ganzen Tag?“
Die letzte Frage zu beantworten ist gar nicht so einfach, denn so unromantisch dieser Beruf entgegen aller Vorstellungen ist, so vielfältig und interessant ist er auch.
Einige der möglichen Antworten wirst du in meinem Artikel finden - und diese werden dir einen kleinen Einblick in die Welt eines angehenden Binnenschiffers geben. Die Welt der Binnenschifffahrt ist jedoch so verzweigt und eindrucksvoll, dass es unmöglich ist, alle Facetten dieses Berufes in einen Text zu packen.
Interessierst du dich für die Ausbildung zum Binnenschiffer, möchte ich dir hier einiges mit auf den Weg geben. Das Wichtigste vorab: der Beruf des Binnenschiffers ist nicht nur ein Beruf – sondern eine Berufung, fast schon ein Lifestyle.
Ich will und werde hier nichts beschönigen. Bis auf wenige Ausnahmen wird dein Job deinen kompletten Tagesablauf bestimmen und dich sehr in deiner Freizeit und Entscheidungsgewalt einschränken. Du wirst während deiner Arbeitszeiten und Schichten lange von zu Hause weg und ständig unterwegs sein.
Tag und Nacht, bei jedem Wetter. Es wird kalt, heiß, laut, einsam und anstrengend. Wer hier nicht mit Leidenschaft und Begeisterung dabei ist, wird früher oder später sehr unglücklich - und mehr den Fluch, als den Segen der Schifffahrt zu spüren bekommen. Dessen sollte sich jeder, der sich für diesen Beruf entscheidet, von vorneherein bewusst sein.
Was genau ist denn eigentlich ein Binnenschiffer?

Spricht man von einem LKW-Fahrer, weiß schon der kleine Hannes aus dem Kindergarten, was damit gemeint ist. Er transportiert Güter, Waren, Baustoffe, Lebensmittel … all das, was unseren Alltag bestimmt.
Das funktioniert auf der Straße, auf Schienen, in der Luft – und eben auch auf dem Wasser. Binnenschiffe sind der Transportweg über die Wasserstraßen unseres Landes – den Binnengewässern.
Wer diese schon einmal vom Ufer eines Flusses aus beobachtet hat, kann sich vielleicht ansatzweise vorstellen, welche Mengen an Ladung solch ein Riese transportiert. Hier spielt der Binnenschiffer die entscheidende Rolle – er bringt das Schiff mit seiner Fracht sicher zum Zielort.
Doch nicht nur im Güterverkehr ist er vertreten. Selbstverständlich gibt es auf unseren Flüssen und Seen auch Personenverkehr. Passagierschiffe und Fähren müssen ebenfalls von qualifiziertem Personal betrieben und sicher geführt werden – den Binnenschiffern.
Damit all das problemlos klappt, werden unsere Wasserstraßen natürlich kontrolliert, gewartet und gepflegt. Hier sind unter anderem diverse Arbeitsboote der regionalen Wasser – und Schifffahrtsämter vertreten, die wiederum von Binnenschiffern geführt werden.
Der Binnenschiffer ist im Grunde also der berufliche Nutzer unserer Wasserwege.
Wie wird man Binnenschiffer?

Ist der Berufswunsch zum Binnenschiffer gefasst, solltest du dir in erster Linie Gedanken darüber machen, in welchem Bereich und in welcher Umgebung du deine Ausbildung machen willst. Bist du eher ein aufgeschlossener, kommunikationsfreudiger Typ und möchtest gerne mit vielen Menschen zusammenarbeiten, solltest du deine Bewerbung an eine Reederei der Passagierschifffahrt richten.
Möchtest du kräftig anpacken und interessierst dich für Logistik und Transport, ist vielleicht ein Frachtschiff, ein Tanker oder ein Containerschiff genau das Richtige für dich. Auch hier hast du unzählige Möglichkeiten dich zu bewerben – entweder in einem großen Unternehmen oder bei einem ausbildenden Partikulier (das ist ein selbstständiger Schiffseigentümer).
Du interessierst dich für diese Ausbildung, kannst dich aber mit dem Gedanken nicht anfreunden, wochenlang von zu Hause weg zu sein? Dann bewirb dich doch beim Wasser- und Schifffahrtsamt! Hier lernst du auch all das, was ein Binnenschiffer wissen muss, hast im Regelfall aber eine ganz normale Arbeitswoche.
Voraussetzungen um Binnenschiffer zu werden
Voraussetzungen für eine Ausbildung zum Binnenschiffer in Form eines besonderen Schulabschlusses oder sonstiger Qualifikationen gibt es nicht. Im Regelfall werden in den meisten Unternehmen jedoch ein Haupt – oder Realschulabschluss bevorzugt.
Viel wichtiger sind deine persönlichen Voraussetzungen. Sei dir bewusst, dass du eine vollkommen neue Lebenserfahrung an Bord eines Schiffes machen wirst. Du solltest eine ordentliche Portion Verantwortungsbewusstsein ebenso mitbringen, wie die Bereitschaft in Tag – und Nachtschichten zu arbeiten.
Da du die meiste Zeit draußen an Deck arbeiten wirst - und dem Wetter herzlichst egal ist, ob du gerade beim Laden von Fracht Kontrolltätigkeiten ausüben musst oder am Deck schrubben bist - solltest du vor allem wetterfest sein und nichts dagegen haben, dir auch mal die Hände schmutzig zu machen. Genauso wie Decksarbeiten gehören ebenso Arbeiten unter Deck – zum Beispiel im Maschinenraum – zu deinen Aufgaben.
Lärmempfindlichkeit oder Platzangst ist hier definitiv fehl am Platze. Generell solltest du körperlich sowie psychisch fit sein, da dich an Bord eines Schiffes viel Bewegung und nicht selten harte, körperliche Arbeit erwartet. Dies wirst du im Laufe deiner Bewerbung mit einer ärztlichen Bescheinigung über deine Seetauglichkeit auch belegen müssen.
Hast du dich erfolgreich beworben und ein positives Bewerbungsgespräch, sowie einen eventuellen Einstellungstest hinter dir, beginnt deine 3-jährige Ausbildung. Um den Dienst auf einem Binnenschiff antreten zu können, wird dir dein Schifferdienstbuch ausgehändigt. Hier werden all deine Reisen und Qualifikationen eingetragen. Dieses Dokument ist auf deinem Schiff einer deiner wichtigsten Begleiter und immer mit dabei!
Die Ausbildung zum Binnenschiffer ist in Blockunterricht gestaffelt. Das heißt, du wirst pro Ausbildungsjahr 9 Monate auf einem Schiff deines Betriebes die Praxis erlernen – die Theorie wird dir ca. 3 Monate in der Berufsschule vermittelt. Durch bestimmte Voraussetzungen (z.B. in Form eines besonders guten Notendurchschnitts oder beruflicher Vorkenntnis) ist auch eine Verkürzung der Ausbildungszeit möglich.
Das Ausbildungsgehalt
Auch das Ausbildungsgehalt kann sich sehen lassen! Hast du gewusst, dass der Beruf des Binnenschiffers der Beruf mit der bestbezahlten Vergütung eines dualen Ausbildungsberufes in Deutschland ist? Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung wird hier im ersten Lehrjahr mit 860,- €, im zweiten Lehrjahr mit 980,- € und im dritten Lehrjahr mit 1100 ,- € angegeben. Aber auch das kann variieren und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass viele Reedereien bereit sind, wesentlich mehr zu bezahlen.
Dein Aufgabengebiet während er Ausbildung
Während deiner praktischen Ausbildungszeit lernst du alles, was an Bord eines Binnenschiffes von Bedeutung ist. Das geht von der Wartung der Maschinen, über die Instandhaltung des Schiffes, bis hin zum selbstständigen Steuern des Fahrzeuges. Dieser Beruf zeichnet sich vor allem durch seine große Vielfältigkeit und seinen Abwechslungsreichtum aus.
Das Entrosten und Lackieren ist ebenso Bestandteil des Jobs, wie Vertäuen, Ankern und Schleusen. Mir sagte man am Anfang meiner Ausbildung: „Wer Binnenschiffer gelernt hat, kann alles.“ Darin liegt tatsächlich ein Fünkchen Wahrheit.
Auffällig war vor allem, dass ich enorm viel gelernt habe, was mir im Alltag hilfreich sein kann – sei es das Wechseln einer Glühbirne oder Reparaturen an einem Motor.
Die vielfältigen Aufgabenbereiche werden natürlich je nach Fahrzeugart verschieden sein und können variieren. Während du auf einem Frachtschiff vor allem für die Lösch – und Ladevorgänge verantwortlich bist, wirst du dich auf einem Passagierschiff unter anderem um die Fahrgäste kümmern müssen.
Jeder Schiffsjunge und jedes Schiffsmädchen ist während seiner Ausbildungszeit eigenverantwortlich dazu verpflichtet, ein sogenanntes Bordbuch zu führen, in das jeden Monat ein Bericht eingetragen wird.
Gegen Ausbildungsende sollten also 36 Berichte vorhanden sein. Das vollständige Bordbuch ist Voraussetzung um letztendlich zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden.
Wie bereits weiter oben erwähnt, beinhaltet jedes Ausbildungsjahr eine ca. 3-monatige schulische Theoriephase. Die bekannteste Schiffer-Berufsschule in Deutschland befindet sich in Duisburg-Homberg. Während dieser Zeit sind die Schiffsmädchen und Schiffsjungen in einer internatsähnlichen Einrichtung auf einem Schulschiff untergebracht, wo neben dem Berufsschulbesuch des nahen Schiffer-Berufskollegs, der Verpflegung und der Unterkunft auch praxisnaher und theoriebezogener Stoff vermittelt wird.
In der Schule lernen die Auszubildenden in Fächern wie z.B. Wasserstraßenkunde, Verkehrsrecht oder Motorentechnik, alles, was für die Theorie und für die Praxis der Binnenschifffahrt unabdingbar und wichtig ist.
Rettungsmaßnahmen, Schwimmabzeichen oder Kochkurse - der Stundenplan ist genauso abwechslungsreich und vielfältig wie der Job an sich. Nebenbei hat man hier auch die Möglichkeit, das Fachabitur zu erlangen.
Nach der Ausbildung - Gehalt und Jobaussichten

Ist die Abschlussprüfung und somit die Ausbildung bestanden, kann man sich durchaus einen waschechten Matrosen nennen. Der ausgelernte Binnenschiffer bekommt nun die Qualifikation des Bootsmannes in sein Schifferdienstbuch eingetragen und der erste Sprung auf der Karriereleiter ist gemeistert.
Die Berufsperspektiven in der Binnenschifffahrt könnten nicht besser sein. Viele Reedereien sind bemüht darin, ihre ehemaligen Auszubildenden zu übernehmen und weiterhin zu beschäftigen.
Das Einstiegsgehalt befindet sich hier auch in einem ansehnlichen Bereich und liegt zwischen 2.000 ,- € und 2.600 ,- €. Die Bezahlung wird sich in der beruflichen Zukunft nach der erlangten Qualifikation richten.
Doch vielleicht möchte der ein oder andere ja auch einmal einen völlig neuen Einblick in die Welt seines erlernten Berufes bekommen und in einen anderen Bereich switchen?
Möglichkeiten gibt es viele: Tankschifffahrt, Containerschifffahrt, Frachtschifffahrt oder Passagierschifffahrt...
Das ist in der Binnenschifffahrt vollkommen unproblematisch und die Jobchancen enorm - denn der Arbeitsmarkt auf dem Wasser boomt und gelerntes, qualifiziertes Personal ist gefragt und gesucht. Arbeitslosigkeit ist in der Binnenschifffahrt überhaupt kein Thema.
Die Zukunft nach der Ausbildung ist vielversprechend. All das, was du in deiner Ausbildung gelernt hast, wirst du jetzt in vollkommen eigener Verantwortung in die Tat umsetzen und auf deinem Weg zum qualifizierten Schiffsführer anwenden. Hier ist gut beraten, wer möglichst viele Reisen und Fahrtage in seinem Schifferdienstbuch sammeln und nachweisen kann – denn diese sind der Pfeiler für die nächsthöhere Qualifikation.
Umso höher der Dienstgrad, desto mehr steigen auch die ohnehin schon guten Berufschancen.
Schließlich besteht nach dem Rang des Steuermannes und einer Mindestanzahl an nachgewiesenen Fahrtagen für bestimmte Streckenabschnitte die Möglichkeit zum Erlangen eines Schiffsführerpatentes. Ist diese letzte Hürde gemeistert, darf man selbstständig und mit voller Befehlsgewalt ein Binnenschiff führen.
Dies ist die höchstmögliche Qualifikation, die in der Binnenschifffahrt möglich ist. Denn wer kann schon von sich behaupten, dass er ein über 100 m langes Fahrzeug, mit mehreren 1000 PS führen darf? Doch bei allem Stolz darf man nie vergessen – die Verantwortung ist extrem groß und darf nicht unterschätzt werden.
Kaum eine Branche ist in Zukunft so sicher vertreten, wie der Transport auf unseren Wasserstraßen und die Einstellungschancen werden immer größer. Nicht nur die lukrativen Mengen, die ein einzelnes Schiff transportieren kann, sondern auch dem ökologischen Aspekt wird hier immer mehr Beachtung geschenkt.
Die Schifffahrt ist entgegen vieler Meinungen mit der umweltfreundlichste Verkehrsträger. Alleine schon ein 105 m langes Binnenschiff kann den Transport von 155 Lastkraftwagen ersetzen. Somit ist es kein Wunder, dass immer mehr Firmen und Produktionsstätten die Chancen ergreifen und auf den Transport mit dem Schiff setzen.
Fazit
Wer sich also mit Hingabe und Leidenschaft für Wasser, Maschinen, Schiffe, Transport, Reisen und die Natur begeistern kann, wird ein wunderbares Berufsleben in einem abwechslungsreichen und gefragten Beruf erfahren, wie es einzigartiger nicht sein könnte. Die Jobaussichten sind gut und auch die Bezahlung ist fair. Vielleicht ist dieser Weg ja genau der Richtige für dich ?