ALLES, was du über das Architektur Studium wissen solltest (Test unten)
"Ich möchte etwas zum Wohle der Menschen erschaffen, kreativ sein und etwas Einzigartiges in dieser Welt hinterlassen." Das war meine Motivation, als ich mich völlig unvorbereitet in mein Architekturstudium stürzte. Dabei hätte mir ein klein wenig mehr Recherche einige schlaflose Nächte ersparen können. Sei schlauer als ich, und lerne jetzt aus meinen Erfahrungen, damit du nicht wie ich ins kalte Wasser fällst. Ob dieses Studium wirklich das Richtige für dich ist und welche Jobaussichten du danach hast, erfährst du in den folgenden Zeilen! "Du solltest nur Architektur studieren, wenn du vollkommen überzeugt davon bist", diesen Satz habe ich vor meinem Beginn des Studiums mit einem milden Lächeln bedacht. Jetzt rezitiere ich ihn jedes Mal, wenn ich gefragt werde, ob man Architektur studieren solle.
Inhaltsverzeichnis
- Studium vs. Realität
- Wie und wo kann ich Architektur studieren?
- Was erwartet mich im Architektur Studium?
- Ohne Moos nix los
- Mythos Mathe
- Ratschläge für das Studium
- Ich habe studiert - und jetzt?
- Spaßbremse Architektenkammer
- Alternativen zum konventionellen Bürojob
- Architektur - eine Goldgrube?
- Soll ich wirklich Architektur studieren?
Das Studium ist kräftezehrend, lang und manchmal so frustrierend, dass du kurz davor sein wirst, alles hinzuwerfen. Und genügend machen genau das: sie geben auf. Vor allem in den ersten Semestern wird die Teilnehmerzahl gründlich durchgesiebt. Verständlich - Immerhin sollen diese jungen Menschen irgendwann mal berechtigt sein, Häuser baureif zu planen.
Der Beruf des Architekten birgt viel Verantwortung, denn es gibt weitaus mehr als die kleinen Familienhäuser, an die du jetzt zunächst vielleicht denken magst. Wohn- oder Bürokomplexe, Kindergärten, Schulen, Lagerhallen, Krankenhäuser, Pflegeheime und vieles mehr beherbergen unzählige Menschen und ihr Wohlergehen oder Arbeitsabläufe sind nicht unerheblich von dem Können der planenden Architekten abhängig.
Aber was erwartet dich eigentlich im und nach dem Studium? Was für Berufschancen hast du später? Und mit welchem Gehalt kannst du rechnen? Auf all das will ich dir im Folgenden Antworten geben.
Studium vs. Realität
Architekten sehen sich gerne als Künstler, als Virtuosen und vergessen darüber hinaus, dass sie auch noch etwas anderes sind: Dienstleister, Berater und Verkäufer. Im Studium wird grenzenlose Kreativität vermittelt: "Kosten spielen keine Rolle."

Wenn du diesen Satz in deinem Berufsleben noch ein Mal hören darfst, hast du wirklich Glück. Kosten spielen nämlich immer eine Rolle. Die Hauptrolle.
Leider wird im Studium selbst darüber viel zu wenig gesprochen. Generell ist der Stundenplan eher darauf ausgelegt, einen Künstler mit einem Hauch von technischem Verständnis heranzuziehen.
Baumanagement, Kostenermittlung, Technik und Physik kommen zu kurz - aber das macht nichts. Das gesamte Studium vermittelt ohnehin nur einen winzigen Bruchteil an dem, was man als Architekt eigentlich wissen muss. Darüber sind sich die Lehrpersonen und auch der Arbeitsmarkt wohl bewusst. Deswegen bist du nach beendetem Studium nicht gleich Architekt. Dazu musst du erst mal zwei Jahre Berufserfahrungen sammeln und eine Hand voll Seminare besuchen.
Wie und wo kann ich Architektur studieren?
Prinzipiell bieten deutschlandweit viele Fachhochschulen und Universitäten das Studienfach an. Da Architektur ein (theoretisch) praxisnahes Studium ist, muss eine FH in diesem Fall nicht unbedingt die schlechtere Wahl sein. Tatsächlich verdienen Absolventen einer Universität als Einstiegsgehalt sogar im Schnitt etwas weniger als Absolventen einer Fachhochschule. Die Möglichkeit eines Fernstudiums bietet sich auf Grund der hohen Zahl an praktischen Übungen im Bachelor nicht und ist bisher nur im Masterstudiengang möglich. Auch duale Studiengänge werden derzeit nicht angeboten.
Für wen grundsätzlich auch eine größere Entfernung zur Heimat in Frage kommt, kann sich in diversen Statistiken wie z.B dem "CHE Hochschulranking" darüber informieren, welche Hochschulen am besten bewertet sind. Die BTU Cottbus, RWTH Aachen, FH Stuttgart, Uni Weimar, FH Biberach und die FH Heidelberg schneiden in den Rankings oftmals gut ab. Bevor du dich entscheidest, sieh dir das Portfolio der Schulen deiner Wahl gut an und statte dem Campus wenn möglich einen Besuch ab. Auch das persönliche Gespräch mit Studenten kann Aufschluss darüber bringen, wo du dich am besten aufgehoben fühlen würdest.
Keine Angst vor dem NC
Ein Numerus clausus kann vorhanden sein, muss aber nicht. Ob es in dem kommenden Semester bei der Schule deiner Wahl ein NC gibt, musst du direkt bei der entsprechenden Einrichtung nachfragen. Meist sind diese Notengrenzen jedoch nicht sehr hoch und in der Regel schaffbar.
Achtung: Manche Hochschulen verlangen mehr als eine einfache Bewerbung. Nicht selten werden Motivationsschreiben, eine Bewerbungsmappe mit Kunstwerken und ein persönliches Gespräch fällig. Auch darüber solltest du dich bei der Wahl deiner Hochschule informieren und dich ggf. bei mehreren Hochschulen bewerben.
Was erwartet mich im Architektur Studium?

Das Studium ist hart, aber schaffbar und wird in der Regel in 3 Jahren, also 6 Semestern absolviert. Im Anschluss ist das zweijährige Masterstudium dringend zu empfehlen, denn das ist Grundvoraussetzung dafür, sich irgendwann in die Architektenkammer eintragen zu lassen. Und ohne Mitgliedschaft in der Kammer, kannst du dich nicht Architekt nennen. Diese Berufsbezeichnung ist geschützt!
Wie bereits gesagt, wird zu Anfang aussortiert. Das geschieht jedoch weniger über zu schwere Prüfungen als über den riesigen Zeitaufwand, der für manche einfach zu hoch ist. Da das Studium praxisnah sein soll, wird größtenteils in Teams an Projekten gearbeitet, fiktive Gebäude geplant, am PC gezeichnet, bearbeitet, und Modelle gebaut. Dazu gehört jedoch auch, diese Entwürfe ständig zu überarbeiten, verbessern und zu aktualisieren.
Wer Pech hat und vor den Lehrkräften nicht bestehen kann, muss eventuell mitten im Semester noch ein Mal von Neuem anfangen und die gleiche Arbeit in halber Zeit machen. Am Ende wird jedoch belohnt, wer fleißig ist, kontinuierlich und diszipliniert gearbeitet hat und nicht alles auf den letzten Drücker macht. Übermüdete, ausgelaugte Gesichter erscheinen zur finalen Präsentation, stellen ihre Werke vor und bekommen dafür Kritik und Lob und hoffentlich auch eine gute Note.
Schriftliche Klausuren werden zur Nebensache. Natürlich gibt es Tests über Baustoffe, Gebäudetechnik, Statik, Geschichte, Kunst und andere verwandte Themen, doch mit ein wenig Lernen sind hier gute Ergebnisse leicht zu bekommen. Sie können am Ende des Semesters den Zeugnisdurchschnitt hoch drücken.
Ohne Moos nix los

Abgesehen von einem geringen Semesterbeitrag ist das Erststudium an staatlichen Hochschulen in Deutschland zum Glück inzwischen kostenlos. Dieser Beitrag ist von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich und richtet sich unter anderem nach dem Semesterticket für öffentliche Verkehrsmittel und ein paar anderen Dingen. In der Regel liegt dieser Beitrag etwa zwischen 150 EUR und 300 EUR.
Leider bleibt es nicht bei diesen Kosten. Das Architekturstudium ist relativ teuer, da Utensilien zum Modellbau gekauft werden müssen.
Spezialpappe, Spezialmesser und Spezialkleber sind leider spezial teuer.
Großformatige Pläne müssen regelmäßig gedruckt, Exkursionen bezahlt und bestenfalls ein leistungsfähiger Laptop angeschafft werden, der die vielen rechenintensiven Zeichnungen und digitalen Modelle stemmen kann.
Wer am Ende des Monats noch etwas zu Essen haben möchte, sollte sein Budget deshalb nicht zu knapp bemessen.
Jobben neben dem Studium ist machbar, aber schwer. Wenn du für deine Finanzen selbst aufkommen musst und nicht den Luxus hast, von den Eltern oder dem Bafögamt finanziert zu werden, solltest du von vorneherein davon absehen, das Studium in der Regelstudienzeit durchzuprügeln. Ein oder zwei Semester länger studieren und dafür weniger Stress haben wird dir am Ende niemand übelnehmen.
Tipp: Bewahre alle Rechnungen und Belege über Ausgaben für dein Studium auf! Du kannst das alles auch noch rückwirkend steuerlich geltend machen.
Mythos Mathe
"Um Architektur studieren zu können, musst du gut in Mathe sein" - ein Mythos?
Ja.
Zwar wird von den Studenten und von einem Architekten ein gewisses, technisches Verständnis erwartet, doch mit Mathe hat das im in der Realität nicht viel zu tun. Mathematik ist nur ein Thema am Rand im Studiengang und sollte nicht bei der Entscheidung, ob Architektur das Richtige ist, beeinflussen. Was ist 2,01 + 0,125? Wenn du das im Kopf rechnen kannst, reicht dein Können für den Berufsalltag und das Studium allemal aus.
Ratschläge für das Studium
Im Architekturstudium wird meist in Gruppenarbeiten gearbeitet. Suche dir Partner, die fleißig und zuverlässig sind und lass nicht zu, dass alle Arbeit an dir hängen bleibt.
Besuche die angebotenen Korrekturtermine der Lehrbeauftragten regelmäßig. So erhältst du fortlaufend Feedback und vermeidest unangenehme Überraschungen bei der Schlusspräsentation!
Lass keine Vorlesung ausfallen! Ja, es ist manchmal langweilig. Nimm dir notfalls etwas zu Knabbern mit in den Hörsaal und schreibe alles fleißig mit. So minimierst du den Lernaufwand für Klausuren zum Ende des Semesters. Denn oft überschneiden sich Abgaben von praktischen Übungen mit der Prüfungsphase und am Ende des Semesters wirst du froh über jede Minute sein, die du an deinen Projekten arbeiten kannst und nicht damit zubringst, den Stoff der Vorlesungen aufzuarbeiten.
Sieh es locker. Im Laufe meines Studiums habe ich viele Nächte durch und mir selbst viel Stress gemacht - unnötigen Stress. Ich wollte viel zu viel. Am Ende des Tages zählt aber tatsächlich das Zitat von Mies van der Rohe - "Less is more".
Ich habe studiert - und jetzt?
Das Baugewerbe unterliegt wie viele andere Berufe einem ständigen Wandel und Schwankungen. In manchen Jahren werden viele neue Architekten gesucht, in anderen haben viele Absolventen und Absolventinnen schlechte Jobchancen. Ein bisschen Glück gehört dazu, denn den Arbeitsmarkt fünf Jahre vorausahnen kann niemand.
Hilfreich kann es sein schon neben dem Masterstudiengang als Aushilfe in einem Architekturbüro zu jobben, oder durch Praktika berufliche Beziehungen aufzubauen. Das erleichtert nach dem Abschluss den Übergang ins Berufsleben und erhöht die Einstellungschancen erheblich.
Spaßbremse Architektenkammer
Nach mindestens fünf Jahren arbeiten, planen, büffeln und ackern ist es endlich geschafft: Du bist Master. Jung, motiviert und bereit viele schöne Häuser zu bauen. Doch ein Architekt bist du dann noch nicht.
Denn um in die Architektenkammer aufgenommen zu werden und sich offiziell "Architekt" nennen zu dürfen, musst du nicht nur ein erfolgreich abgeschlossenes Masterstudium vorzeigen können, sondern auch zwei Jahre Berufserfahrung sammeln und eine Anzahl von Seminaren belegen, die von den Kammern angeboten werden. Die genauen Voraussetzungen für den Eintritt in die Kammer deines Bundeslandes und den Verbleib in dieser variieren je nach Bundesland.
Alternativen zum konventionellen Bürojob

Nach dem Studium gibt es zwei Wege, die am häufigsten eingeschlagen werden. Möchtest du den klassischen Beruf des Architekten ausüben, kommst du um eine Eintragung in die Kammer nicht herum. Mit dieser Eintragung erwirbst du die sogenannte "Bauvorlageberechtigung", das bedeutet, dass du nun offiziell Bauanträge unterschreiben und beim Bauamt einreichen darfst. Denn nicht jeder kann sich seine kleine Hütte selbst zeichnen und hoffen, dafür eine Baugenehmigung zu erlangen. Dieses Privileg ist den Architekten und Bauingenieuren vorbehalten.
Wer den offiziellen Titel "Architekt" erworben hat, kann sich nun prinzipiell auch selbstständig machen und ein eigenes Büro eröffnen. Der Aufwand und das Risiko sollte jedoch nicht unterschätzt werden. In vielen Fällen bedarf es einiger Zeit und Fleiß, um mit dem eigenen Büro wirklich erfolgreich zu sein.
Doch neben dem konventionellen Büro, sei es nun als Angestellter oder als Selbstständiger, gibt es noch ein paar weitere Berufsperspektiven, die du in Betracht ziehen kannst. Wenn du dein Studium genossen hast, bietet es sich an, deinen Aufenthalt an einer Hochschule zu verlängern und einen Job als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu ergattern. Einige nutzen auch diese Chance, um sich für eine Promotion zu bewerben, um später langfristig an einer Hochschule unterrichten zu können. Die Anstellungen als wissenschaftliche Mitarbeiter sind ohne eine anschließende Promotion jedoch meist zeitlich befristet.
Die Anstellung im öffentlichen Dienst oder im Bauamt bei der Stadt kann vor allem Sicherheit im Gehalt und einige andere Vorteile bringen.
Des Weiteren kann ein Architekt auch für Fachzeitschriften oder Museen tätig sein, er kann zusätzliche Qualifikationen wie z.B. Bausachverständiger, Brandschutzplaner, Gebäudegutachter etc. erwerben und seine Kompetenz und somit auch seinen Marktwert erweitern.
Natürlich gibt es unzählige, weitere Möglichkeiten um seine erlernten Fähigkeiten in finanzielle Mittel umzuwandeln. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Je breiter gefächert deine Möglichkeiten sind, desto größer auch deine Einstellungschancen!
Architektur - eine Goldgrube?
Das brutto Einstiegsgehalt für einen Masterabsolventen beträgt in einem gewöhnlichen Architekturbüro etwa 2.500 EUR und ist ernüchternd gering für das lange, harte Studium. Doch das soll sich im Laufe der Zeit noch ändern, denn das Gehalt eines Architekten ist stark von seiner Berufserfahrung abhängig. Als Absolvent bist du ein unbeschriebenes Blatt. Kreativ aber vollkommen fern der Realität und dein erster Arbeitgeber muss dir als Anfänger noch vieles beibringen.
Deswegen darf sich ein Architekt im laufe seiner Karriere durchschnittlich 3.290 EUR monatlich auf sein Konto gutschreiben.
Das Gehalt ist jedoch nicht nur von der Berufserfahrung, sondern auch von der Größe des Büros und den generellen Lebensunterhaltungskosten der Umgebung abhängig. Außerdem verdienen selbstständige Architekten im Durchschnitt etwas mehr als angestellte Architekten.
Als kleiner, zugegebener Maßen deprimierender Vergleich: Ein promovierter Informatiker verdient als Einstiegsgehalt 4.200 EUR.
Soll ich wirklich Architektur studieren?

Damit du diese Frage mit gutem Gewissen beantworten kannst, hast du hoffentlich den Text bisher gründlich durchgelesen und bist dir jetzt über den Beruf, Chancen, Hürden und Risiken bewusst. Doch um noch etwas mehr Klarheit zu bringen, werden wir einen kleinen Test machen. Mal sehen, wie viel Architekt schon in dir steckt?!