ALLES, was du über das Geowissenschaften Studium wissen solltest (mit Test)
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin im Prinzip ohne jegliche Vorkenntnisse in ein geowissenschaftliches Studium hineingerutscht. Als Studienanfänger, der schnell herausgefunden hat, dass seine erste Studienwahl die falsche war, wollte ich eigentlich nur eine gewisse Zeitspanne überbrücken. Zwar hatte ich eine ungefähre Ahnung, was mich erwarten könnte, wurde aber des Öfteren doch eines Besseren belehrt. Trotzdem habe ich den Studiengang abgeschlossen und meinen Bachelor gemacht. Denn wer Geowissenschaften studiert, der wird schnell feststellen, dass dieses Studienfach einfach enorm viele spannende Themenfelder beinhalten. Damit ihr nicht komplett ohne Plan in das Studium startet, hoffe ich euch mit diesem Artikel einige wichtige Fragen beantworten zu können.
Inhaltsverzeichnis
Wenn man seinen Freunden und Verwandten erstmals erzählt, dass man vorhat, Geowissenschaften zu studieren oder diese bereits studiert, guckt man danach sehr häufig – um nicht zu sagen fast immer – in staunende und fragende Gesichter. „Wie, du studierst Steine?“, ist eine der häufigsten Fragen, die dann gestellt werden.
Das ist in zweierlei Hinsicht falsch.
Erstens, und das lernt man bereits in der ersten oder zweiten Vorlesung, heißt es nicht „Steine“ sondern „Gesteine“.
Und zweitens bedeutet ein geowissenschaftliches Studium mehr als nur Gesteine zu studieren. Man lernt währenddessen so viel über die Erde: Wie sie entstand und warum sie heute so ist, wie sie ist.
Auch um mit Vorurteilen aufzuräumen, hoffe ich, euch das Studium und die Berufschancen näher bringen zu können.
Der Weg zum Geowissenschaftler: steinig, aber nicht schwer

Du hast wohl soeben erfolgreich dein Abitur abgelegt oder bist gerade mittendrin im Abi-Stress, wenn du diesen Text liest. Du bist dir wahrscheinlich darüber im Klaren, dass du damit zwar eine Vielzahl an Möglichkeiten hast, aber kaum etwas über diese weißt. Keine Sorge, so geht es vielen angehenden Studenten. Da schließe ich mich explizit mit ein.
Meist kann man in dieser Situation Freunde oder Familie um Rat fragen oder sich Informationen im Internet suchen.
Schwerer wird es für dich, wenn du darüber nachdenkst, ein Studium wie das der Geowissenschaften zu beginnen. Wahrscheinlich wirst du kaum jemanden kennen, der dir darüber etwas erzählen kann, weil der Studiengang im Vergleich zu BWL, Jura oder Medizin doch ziemlich unbekannt und unterrepräsentiert ist.
Auch die Recherche im Internet ist eher mühselig. Du wirst mit Sicherheit auf den Wikipedia Artikel zurückgreifen. Nach der Lektüre wirst du allerdings vermutlich genauso schlau sein wie zuvor.
Was braucht es also, um ein solches Studium beginnen zu können?
Um Geowissenschaftler zu werden, braucht es zuerst einmal ein Abitur. Natürlich, sonst wird es in der Regel eher schwierig mit einem Studium. Eine gute Note im Abitur ist dabei immer förderlich, aber in den meisten Fällen nicht notwendig.
Die Studiengänge sind an den Universitäten so gut wie immer zulassungsfrei. Das heißt sie haben keinen Numerus Clausus (NC).
Gute Noten in Physik, Chemie und Biologie sind in einem naturwissenschaftlichen Studium wie diesem immer ein außerordentlicher Vorteil.
Hast du diese nicht, ist das aber auch kein Beinbruch. Solange du ein ausgeprägtes Interesse an den Fächern hast und bereit bist, dir die notwendigen Kenntnisse in Eigenregie anzueignen, steht einem geowissenschaftlichen Studium nichts im Weg.
Bleibt eigentlich nur noch die Frage nach Mathe, oder? Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass Mathe für viele Schüler und Studenten ein Dorn im Auge ist. Leider kommst du auch in den Geowissenschaften nicht komplett darum herum. Daher sollten auch deine Noten im Fach Mathematik im guten oder befriedigenden Bereich liegen.
Bevor du jetzt aufhörst zu lesen, weil du bei Mathe automatisch abwinkst, sag ich dir: Keine Angst!
Mathe ist nur ein kleiner Teil. Außerdem fangen die meisten Vorlesungen sowieso bei null an und du kannst dir schnell die notwendigen Kenntnisse erarbeiten. Zusätzlich gibt es an allen Universitäten Vorkurse. Diese fangen bereits vor dem eigentlichen Semester an und bieten dir die Möglichkeit, deine Kenntnisse in Mathe wieder aufzufrischen.
Viele Erstsemester nehmen diese Möglichkeit wahr. Auch ich kann dir nur dazu raten, dieses Angebot zumindest einmal auszuprobieren.
Um nicht zu viel vom Uni-Alltag vorweg zu nehmen, ist für dich die Wahl der Universität, die den Studiengang anbietet, erst einmal elementar. Zwar bieten viele Unis in Deutschland „Geowissenschaften“ oder einen ähnlichen Studiengang wie beispielsweise „Angewandte Geowissenschaften“ oder „Biogeowissenschaften“ an, doch setzen sie unterschiedliche Schwerpunkte.
Daher solltest du dich vor deiner Bewerbung unbedingt auf der Seite des jeweiligen Instituts für Geowissenschaften schlau machen, ob deren Angebot auch in dein Interessengebiet passt.
Um einmal einige Beispiele von Universitäten zu nennen, die die „klassischen“ Geowissenschaften, um die es hier gehen soll, anbieten, eine kleine Auswahl:
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Universität Bremen
- Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
- Goethe-Universität Frankfurt am Main
- Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
- Universität Hamburg
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Wie gesagt, das sind längst nicht alle Unis, die den Studiengang anbieten. Trotzdem bekommt man eine gute Übersicht darüber, dass man im Prinzip überall in Deutschland Geowissenschaften studieren kann. Je nach Lage der Uni, werden meist auch deren Schwerpunkte gesetzt.
So beschäftigt sich ein Student in Kiel eher mit den natürlichen Gegebenheiten im norddeutschen Raum, während sich die Jenaer Studenten mehr mit der Umwelt beschäftigten, die sie in Thüringen umgibt. Klingt logisch, oder? Zusätzlich kannst du Geowissenschaften auch bei der Bundeswehr studieren.
Verwechsle Geowissenschaften nicht mit Geologie!

Viele Menschen denken, wenn man Geowissenschaften studiert, studiert man automatisch nur „Geologie“. Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass die Geologie ein Teilgebiet der Geowissenschaften ist. Doch der Studiengang beinhaltet noch so viel mehr.
So gehören unter anderem auch folgende Themengebiete dazu:
- Geoinformatik
- Geophysik
- Mineralogie und Kristallografie
- Hydro(geo)logie
- Bodenkunde
- Fernerkundung
- (Platten)Tektonik
- Erdgeschichte
Die Geophysik beschäftigt sich vor allem mit physikalischen Vorgängen in und auf der Erde. Du wirst lernen, wie man Phasenübergänge berechnet und dabei verschiedene Messverfahren kennenlernen. Dazu gehören zum Beispiel das Verfahren nach Schlumberger oder das Wenner-Verfahren.
In der Mineralogie und der Kristallographie lernst du alles über die verschiedenen Minerale. Angefangen bei der chemischen Zusammensetzung, über die Kristallstruktur, bis hin zur Moh’schen Härte. Auch lernst du die Unterschiede zwischen einzelnen Mikroskopen und wie man diese benutzt, um selbst hergestellte Dünnschliffe zu mikroskopieren.
Die Hydrologie bzw. Hydrogeologie befasst sich vereinfacht gesagt mit dem Wasser auf der Erde. Du wirst lernen, wie man an Hand von Wasser oder Eis räumliche und zeitliche Veränderungen erklären kann. Auch verschiedene chemische Eigenschaften und biologische Prozesse wirst du beigebracht bekommen.
Die Tektonik beschäftigt sich mit den Erdplatten und wie sich diese im Verlauf der Zeit immer wieder neu angeordnet haben.
Du lernst gleichzeitig in der Erdgeschichte, dass die Platten zuletzt vor 300 bis 150 Millionen Jahren einen Superkontinent namens „Pangäa“ gebildet haben. Dazu wirst du Fossilien begutachten und lernen diese zu beschreiben. Außerdem wirst du einiges über urzeitliche Erdbewohner wie die Dinosaurier erfahren.
Du siehst, dass ein geowissenschaftliches Studium sehr breit gefächert ist, da es sich im Prinzip mit allen Aspekten von Dingen beschäftigt, die uns tagtäglich umgeben und unser Leben zu dem machen, was es ist. Viele der Themen überschneiden sich und tauchen im Verlauf des Studiums immer wieder auf. Ein Beispiel hast du eben sicher bei der Tektonik und der Erdgeschichte bemerkt.
Alle anderen Gebiete vorzustellen, mit denen sich Geowissenschaftler so beschäftigten, würde hier den Rahmen sprengen.
Über einen Großteil der genannten Themengebiete wirst du dir im Bachelorstudium zumindest einige Grundkenntnisse aneignen. Da der Bachelor zwischen 6 und 7 Semestern dauert, ist es jedoch quasi unmöglich alle Gebiete intensiv zu behandeln.
Dazu reicht die Zeit einfach nicht. Unterschiedliche Unis werden dabei immer unterschiedliche Schwerpunkte setzen. So setzt man bei der Bundeswehr beispielsweise vermehrt auf die Fernerkundung, während man in Jena auf ein eher breiteres Spektrum setzt. So hast du die Möglichkeit zumindest einen kleinen Einblick in die vielen Bereiche zu bekommen.
Der Aufbau des Studiums

Um einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss zu erlangen, wirst du einen Bachelor of Science machen. Dieser umfasst normalerweise 180 Punkte bzw. sogenannte „Credit Points“. Punkte bekommst du für jedes Fach bzw. Modul, welches du erfolgreich abschließt.
Da das Studium in der Regel 6 Semester dauert, machst du im Schnitt 30 Punkte pro Semester. Studiengänge, die 7 Semester dauern, beinhalten meist ein Praktikum, welches ein ganzes Semester dauert.
Die Universitäten bauen das Studium im Normalfall so auf, dass du jedes Semester einige Pflichtmodule besuchst. Diese muss jeder Student belegen und auch erfolgreich, das heißt mit einer 4,0 oder besser, bestehen.
Hinzu kommen sogenannte Wahlpflichtmodule. Hier kannst du dir aussuchen, was du belegen möchtest. Bei uns hatte man zum Beispiel im ersten Semester die Auswahl zwischen Mathematik I, Experimental Physik I und Anorganische Chemie I.
Es empfiehlt sich, in jedes der Module zum Beginn des Semesters einmal hinein zu schauen, um besser feststellen zu können, wie die persönlichen Neigungen sind. Falls du mal eines der Wahlpflichtmodule nicht bestehen solltest, kannst du es jederzeit durch ein anderes ersetzen.
Im letzten Semester oder in den Semesterferien musst du darüber hinaus dein Pflichtpraktikum absolvieren. Dies dauerte bei uns sechs Wochen. Dazu suchst du dir einen Betrieb, der sich im weitesten Sinne mit einem geowissenschaftlichen Thema bzw. Gebiet befasst. Gute Beispiele hierfür sind:
- Ingenieurbüros
- Vermessungsbüros
- Umweltämter
- Wasserversorgungsämter
- Kläranlagen oder Biogasanlagen
Anschließend schreibst du einen Bericht darüber, was du erlebt hast und wie es dir gefallen hat. Um deine Berufschancen zu erhöhen, empfiehlt es sich mehr Praktika als das Pflichtpraktikum zu absolvieren. Du kannst so direkt erste Kontakte knüpfen. Auch solltest du darauf achten, dir rechtzeitig einen Praktikumsplatz zu sichern, da viele Betriebe eine gewisse Vorlaufzeit brauchen.
Zum Ende des Bachelorstudiums musst du deine Abschlussarbeit verfassen. Häufig schlagen Dozenten und Professoren euch dafür Themen, die sie anbieten, vor. Wenn dir jedoch ein bestimmtes Thema vorschwebt, welches du unbedingt bearbeiten möchtest, solltest du nicht zögern deinen dafür zuständigen Professor zu kontaktieren.
Eigeninitiative ist immer gerne gesehen. Generell pflegen die Dozenten und Professoren häufig ein sehr enges Verhältnis zu ihren Studenten, da der Studiengang nicht so überlaufen ist. Das hat den Vorteil, dass man immer schnelle Hilfe bei Problemen bekommt.
Solltest du ansonsten einmal Schwierigkeiten mit einem Modul oder einer Prüfung haben, sind dein Fachschaftsrat und dein zuständiges Prüfungsamt auch immer gute Ansprechpartner.
Warum Geowissenschaften so besonders sind

Was alle Unis gemein haben, sind die Exkursionen. Diese machen das Studium der Geowissenschaften ganz besonders.
Im Verlauf des Studiums werdet ihr zahlreiche Exkursionen unternehmen. Das unterscheidet den Studiengang Geowissenschaften von fast allen anderen Studiengängen. Wenn eine Exkursion ansteht, bedeutet das, ihr geht raus in die Natur und guckt euch dort vor Ort an, was ihr im Hörsaal gelernt habt.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Exkursionen wohl das Highlight eines jeden Semesters sind. Egal, ob Regen, Schnee und Minustemperaturen oder praller Sonnenschein und 30 Grad, wenn eine Exkursion stattfinden soll, dann findet sie auch statt.
Daher ist es enorm wichtig, dass ihr passende Kleidung für jedes Wetter habt. Mindestens genauso wichtig sind die passenden Wanderstiefel und eine gewisse körperliche Fitness.
Auch empfiehlt es sich, während des Semesters den einen oder anderen Euro zur Seite zu legen, da du die Exkursionen zum Teil aus eigener Tasche bezahlen musst.
Diese können dabei über mehrere Tage gehen und sind vom Feeling her vergleichbar mit Klassenfahrten. Tagsüber begutachtet man sogenannte Aufschlüsse oder führt Messungen durch, die man dann abends in der Gruppe gemütlich auswertet. Du wirst deine Kommilitonen während einer Exkursion besser kennenlernen und spätestens hier erste gute Freundschaften schließen.
Eine weitere Besonderheit ist das Fest der heiligen Barbara. Dieses wird am 04. Dezember gefeiert. Die heilige Barbara gilt als Schutzheilige der Bergmänner und somit auch der Geowissenschaftler. Diese Feiern sind meist legendär an den Instituten und ein riesen Spaß für alle Studenten und Dozenten.
Bachelorabschluss und nun?
Entscheidest du dich nach deiner Bachelorarbeit für ein Masterstudium, kannst du dich 4 bis 5 Semester intensiver mit den Gebieten beschäftigten, die dich interessieren. Da du bereits einige Vorkenntnisse hast, kannst du nun ebenfalls besser beurteilen, was dich wirklich interessiert.
Nützlich kann dabei auch durchaus ein Wechsel der Universität sein, um wirklich den Masterabschluss machen zu können, der dir vorschwebt. Generell empfiehlt es sich als Geowissenschaftler einen Masterabschluss anzustreben, um später eine größere Auswahl an Jobs oder mehr Gehalt zu bekommen.
Der Beruf des Geowissenschaftlers ist immer gefragt. Voraussetzung ist eigentlich nur, dass du eine der gefragten Spezialisierungen vorweisen kannst. Gute Aussichten in der freien Wirtschaft haben im Prinzip alle Absolventen mit Kenntnissen in Lagerstättenkunde, „Umweltbeobachtung“ oder Altlasten und deren Sanierung.
Die meisten Geowissenschaftler kommen in „klassischen“ Ingenieurbüros unter. Hier gilt meist: Je größer das Unternehmen, desto besser dein Gehalt.
Kleine Büros zahlen in der Regel auch kleine Gehälter. Dafür ist die Arbeitsatmosphäre meist familiärer und entspannter. Das beste Gehalt in der Wirtschaft oder Industrie zahlen große Firmen. Diese fördern für gewöhnlich Erdöl, Erdgas oder andere Ressourcen. Sogar in der Luft- und Raumfahrt kannst du mit deinem Abschluss und der richtigen Spezialisierung tätig werden.
Doch auch im öffentlichen Dienst finden viele studierte Geowissenschaftler eine Anstellung. In fast allen Umweltämtern oder Behörden sind Menschen mit diesem Studienabschluss durchaus gefragt. Die Bezahlung liegt dabei bei rund 50.000 € im Jahr.
Wenn du mit deinem Abschluss einmal keine Arbeit findest, musst du dir jedoch trotzdem keine Sorgen machen. Auch mir ging es kurze Zeit so. Über ein Fünftel der Geowissenschaftler sind fachfremd tätig. Da du auf vielen Gebieten einen guten Wissensstand hast, wirst du immer eine Arbeit finden.
Du könntest zum Beispiel auch als Lehrer, die ja händeringend gesucht werden, quer- bzw. seiteneinsteigen.
Zu guter Letzt kannst du nach deinem Masterabschluss auch noch promovieren. Wenn du promovierst, wirst du danach mit großer Wahrscheinlichkeit weiter an einer Universität arbeiten. Hier kannst du beispielsweise in der Forschung oder der Lehre tätig werden und neuen Studenten die Vielfalt des Fachs näherbringen.
Du siehst, Geowissenschaften sind mehr als nur das Studium von Gesteinen. Man lernt im Prinzip alles über die Erde: Wie sie entstand und warum sie heute so ist, wie sie ist. Genau das ist auch der Punkt, der mir Anreiz genug war, dieses Fach zu studieren.